Kurz zur Vorgeschichte

 

Am Anfang der Entwicklung der "Zeitpfützen" stand die Idee von "tropfender Farbe" (die ihrerseits zurückgeht auf das Konzept, Farbe als Material zu verstehen (Abb 1+2)). Die Farbe sollte zufällig tropfen, wobei ein Würfel die Farbtropfen-Sequenz vorgeben sollte. Bei der Suche nach einem geeigneten Farbbehälter kam schließlich die Idee auf, dazu die Kugel eines Foucaultschen Pendels zu nutzen. Hiermit sind auch die Unterschiede zu der von Max Ernst eingeführten Technik der Oszillation erkennbar, bei der eine mit Farbe gefüllte durchlöcherte Dose über einer Leinwand in Schwingung gebracht wurde ("Junger Mann, beunruhigt durch den Flug einer nicht-euklidischen Fliege" (1942 und 1947)) (Abb. 3). Die Weiterentwicklung zum "Dripping" und Action Painting durch Jackson Pollock sind hinlänglich bekannt.

Abb. 1: Farbe als Material. Bernhard W.L. Schwarz "Gelbe Farbe" (1980) (BWLS 1980-002; Copyright: Bernhard W. L. Schwarz und VG Bild-Kunst).

Abb 2: Farbe als Material. AX S 84 "Je 400 g Farbe ins Verhältnis zueinander gesetzt" (1982).

 

Abb 3: Max Ernst (1942) Junger Mann, beunruhigt durch den Flug einer nicht-euklidischen Fliege © VG Bild-Kunst, Bonn

Der Einsatz eines Foucaultschen Pendels bedeutete jedoch quasi einen "Quantensprung": Es zeigten sich nämlich zwingend die inhärenten Implikationen, die "Philosophie" des Foucaultschen Pendels, die ZEIT, die Evolution (Zufall und Notwendigkeit). Mit diesen semantischen Metamorphosen wurden die ursprünglichen Intentionen ("tropfende Farbe") überlagert. Die Zeitpfützen (Abb. 4) hatten ihre eigene Bestimmung gefunden&

Abb. 4: Installation der Zeitpfützen im Nordturm der Marktkirche zu Goslar, vom 24. Sept. bis 3. Nov. 1985.

Zwischen 1984 und 2004 wurden die "Zeitpfützen" wiederholt in der Marktkirche zu Goslar installiert, in Zusammenarbeit mit dem Mönchehaus Museum für Moderne Kunst Goslar,

Epilog: Im Jahre 2018 realisierte Gerhard Richter in Münster die Installation "Zwei graue Doppelspiegel für ein Pendel", einem Foucaultschen Pendel zusammen mit vier sechs Meter hohen, reflektierenden Glasflächen.